BVB Gründung

Wir schreiben das Jahr 1909

Der BVB entstand im Umfeld der Kirche. Für die aus Posen kommenden Immigranten, die zum großen
Teil katholischen Glaubens waren, errichtete man die Dreifaltigkeitskirche. Die Kirchengemeinde, deren zentraler Einzugsbereich das Gebiet um den Borsigplatz war, sollte den Fremden die Integration in die neue Heimat erleichtern und einen festen Bezugspunkt in der Fremde bieten. Mit Hilfe der Kirche wurden Theater-, Musik- und Sportvereine gegründet.

Der Fußball war für die Immigranten ein ideales Betätigungsfeld. Zum Kicken bedurfte es lediglich einer Freifläche und eines runden Gegenstandes. Außerdem waren, auf und unter dem grünen Rasen alle gleich”. Die Werkskolonien und der Fußball bewirkten, dass landsmannschaftliche Unterschiede zwischen den Immigranten sowie zu den lokalen Pohlbürgern mehr und mehr verschwammen. Der am 19.Dezember, dem 4. Adventssonntag des Jahres 1909 in einem Nebenraum der Gaststätte ,,zum Wildschütz” gegründete BVB ging aus einer Fußballmannschaft des Jünglingsvereins der Dreifaltigkeitsgemeinde hervor. Erster Vorsitzender des Klubs wurde Heinrich Unger, dem schon bald Franz Jacobi folgte (siehe Foto). Unger, der 1910 nach Delmenhorst zog, und Jacobi waren die hauptsächlichen Motoren der BVB-Gründung. Jacobi war von Beruf Hüttenbeamter und wohnte in der Wambeler Straße unweit des Borsigplatzes. Da die Wiege des BVB in der Hoeschstadt stand, war es nahe liegend, dass viele der ersten Mitglieder aus dem Milieu der Stahlindustrie kamen. Der Standort bedingte auch in den folgenden Jahren, dass die meisten Aktiven und Anhänger Arbeiter waren. Allerdings zählten sich Jacobi und die meisten anderen BVB-Initiatoren nicht gerade zu den ,,einfachen Arbeitern”.

Der BVB war anfangs gleich in mehrfacher Hinsicht eine ,, Protestbewegung”. Seiner Gründung war eine Auseinandersetzung mit der Führung der Dreifaltigkeitsgemeinde vorausgegangen. Die erste Spielkluft bestand aus einem blau-weißen (!!!)Trikot und einer schwarzen Hose. Über dem längsgestreiften Hemd trug man eine rote Schärpe, mit der die Akteure ihre Solidarität mit der Arbeiterbewegung kundtaten. Auch war der BVB zunächst ein ,,wilder Verein”, der nicht dem bürgerlichen Spielverband angehörte. Nach seinem Beitritt zum Verband erhielt der BVB Verstärkung durch die Nachbarklubs ,,Britannia”, ,,Rhenania” und Deutsche Flagge, was sein Wachstum erheblich beschleunigte. Die Mitgliederzahl wuchs von 13 auf 40. Auch wurden die Vereinsfarben gewechselt. Fortan trugen die Borussen schwarze Hosen und gelbe Hemden, wobei das Gelb der Hemden zitronenfarben war.

Mit dem Vereinsnamen die Verbundenheit mit einer bestimmten Region oder gar die Nationale Zugehörigkeit zu demonstrieren, war zu dieser Zeit gang und gäbe, Vereinsnamen wie ,,Westfalia” (z.B. Herne), ,,Germania” (z.B. Hamm), ,,Preußen” (z.B.. Münster) oder ,,Borussia” (lateinisch für Preußen) dokumentieren. Die Namen ,,Preußen” und ,,Borussia” waren besonders populär. Patriotismus wurde in diesen Jahren klassenübergreifend groß geschrieben. Im Fall der Borussia wird die Namensgebung jedoch einem Zufall zugeschrieben. Als man im Hinterzimmer des ,,Wildschütz” zusammensaß und über den richtigen Vereinsnamen grübelte, streifte Jacobis Blick die Wand, an der ein Emailleschild der Dortmunder Brauerei ,,Borussia” angebracht war, die sich in der Nähe des Borsigplatzes (Steigerstraße) befand und deren Bier hier ausgeschenkt wurde. Da keine besseren Vorschläge existierten, wurde der Name der Brauerei übernommen.

Als Vereinslied entschieden sich die Borussen für folgenden Text:

Wir zie´n vergnügt und froh dahin,
schwarz-gelb ist unsere Tracht.
Wir haben stets einen heiteren Sinn,
sind lustig, nie verzargt.
Wir kennen eine Feindschaft nicht,
wir schaffen Hand in Hand.
Stets ruhig Blut, ein froh Gesicht
ist jedem wohlbekannt.
Wir halten fest und treu zusammen,
Ball-Heil-Hurra! Borussia!
Vor keinem Gegner wir verzagen,
Ball-Heil-Hurra! Borussia!

Wohl auf dem ganzen Erdenkreis
ist unser Sport bekannt.
Borussia-Spieler, wie man weiß,
die halten dem Stärksten stand.
Und wenn die Fußballflötte schrillt,
Borussia tritt hervor,
zum Wettspiel sind wir stets bereit,
verteidigen unser Tor.
Wir halten fest und treu zusammen,
Ball-Heil-Hurra! Borussia!
Vor keinem Gegner wir verzagen,
Ball-Heil-Hurra! Borussia!

So lang die Kehl noch singen kann,
soll klingen unser Lied.
So lange bis der letzte Mann
noch einen Fußball spielt.
Und sinkt auch einer in das Grab,
der Mann kann untergehen,
ein and´rer löst ihn sofort ab,
Borussia bleibt bestehen.
Wir halten fest und treu zusammen,
Ball-Heil-Hurra! Borussia!
Vor keinem Gegner wir verzagen,
Ball-Heil-Hurra! Borussia!

Und naht uns einst die letzte Stund,
wo wir zusammenstehen,
Dann wollen wir uns noch einmal
fest in die Augen seh´n.
Und ruft uns einst auch das Geschick
wohl in ein fernes Land,
Dann schlingt sich stolz um uns´re Brust
das schwarz und gelbe Band.
Wir halten fest und treu zusammen,
Ball-Heil-Hurra! Borussia!
Vor keinem Gegner wir verzagen,
Ball-Heil-Hurra! Borussia!

Der Historiker Siegfried Gehrmann, der über den Fußball im Ruhrgebiet ausgiebig geforscht hat, schreibt über die Bedeutung der damaligen Vereinslieder: ,,als Möglichkeit der Selbstdarstellung hatte das Vereinslied für jeden Klub einen besonderen Wert. Zumeist handelte es sich um nichts anderes als um eine triviale Gelegenheitsdichtung, deren poetischen Gehalt darzulegen nicht die Mühe wert und deren Autor gewöhnlich unbekannt ist. Solche Lieder mussten ohne Schwierigkeiten singbar sein, weshalb den Texten allgemein bekannte Melodien zugrunde gelegt wurden. Durchgängiger Tenor war fast immer die sentimental-gemüthafte Beschwörung der Freundschaft, der Kameradschaft und der Treue zum Verein, verbunden mit der Versicherung dass diese niemals untergeht.



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